Fotomarkt und KI

Kamerabranche auf dem Weg in die Nische ?

17. Juli 2020 


„Während Smartphones die Kamerahersteller in den letzten Jahren ohnehin stark unter Druck gesetzt haben, verschärft in diesem Jahr die Coronakrise deren Situation weiter. Die Ankündigung von Olympus, sein Imaging-Business auszugliedern und an eine Private-Equity-Firma zu verkaufen, könnte einen umfassenden Wandel der Kameraindustrie einleiten, so die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei.

Laut der japanischen Camera and Imaging Products Association, CIPA, erreichte der Markt für Digitalkameras im Jahr 2010 mit etwa 121 Millionen Einheiten seinen Höhepunkt. Im Jahr 2019 lag die Zahl der weltweit ausgelieferten Kameras bei nur noch etwa 15 Millionen. Der Rückgang beschleunigt sich in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie: Laut CIPA wurden in den ersten vier Monaten diesen Jahres nur 2,63 Millionen Kameras ausgeliefert, 44% weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
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So schloss Nikon sein letztes Geschäftsjahr mit einem Minus von 17,1 Milliarden Yen (158,7 Millionen US-Dollar) ab. Im Jahr zuvor konnte Nikon noch einen Gewinn von 22 Milliarden Yen erzielen. ...
...Selbst der Betriebsgewinn des Marktführers Canon fiel im Imaging-Geschäftsbereich im Jahr 2019 bis einschließlich Dezember demnach um 48,2 Milliarden Yen, was einem Rückgang von 62 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. ...
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Von 120 Millionen Kameras auf 10 Millionen in 10 Jahren - so könnte man die Entwicklung zusammenfassen.

Die Weiterentwicklung der Smartphones hat das Massen Geschäft mit den „Knipsen“, den digitalen Kompaktkameras, zerlegt. Das einzig Tröstliche daran: Mediengeschichte wiederholt sich,allerdings geht es immer schneller. Vom Buchdruck zur Fotografie hat es Jahrhunderte gedauert, von der Malerei zur Fotografie Jahrzehnte, vom Kino zum Fernsehen Jahre. Heute dauert es von einer Medienrevolution zur nächsten keinen Produktzyklus lang.

Ich selbst kann mich noch an die Zeit erinnern, als ich dachte: „schön und gut, jetzt also auch digitale Bilder im Computer . Man braucht keine Dunkelkammer mehr, aber ich habe keine Lust, Pixel auf dem Bild zu sehen und das wird wohl auch so bleiben.“ Falsch gedacht.

 

Spiegelreflexkameras blieben im Prinzip gleich wie seit ihrer Erfindung vor ca 100 Jahren , nur wurde die Filmrolle durch einen lichtempfindlichen Sensor ersetzte. Die zwei großen Traditionsmarken Nikon und Canon haben sich lange gegen die Kannibalisierung gesperrt, der Technologiekonzern Sony überholte mit spiegellosen Digitalkameras. Halbherzig sind die Antworten Canon R und Nikon Z ausgefallen, nicht konsequent als Antwort auf die Entwicklung der Spiegellosen. Sony ist technologischer Marktführer und liefert die Sensoren sowohl für Handys wie für Fotokameras. Doch wer braucht noch eine „Profi“-Fotokamera ? Zunehmend erscheint es peinlich und „old-fashioned“mit einem Rucksack voll mit Kamerazubehör, Wechselobjektiven und Stativ in der Öffentlichkeit zu fotografieren.

KI in kleinen smartphones ersetzt Belichtungsreihen, Bildstabilisierung und Filter. Von den Profis alleine kann der Markt nicht leben, zumal es den Fotografen , die davon leben müssen, gerade in Corona Zeiten, aber auch sonst , ziemlich schlecht geht. Warum soll ich nicht mit einem Top Smartphone meine Hochzeit aufnehmen. Immer dabei, die Jackentasche reicht,einfach zu bedienen, Apps für automatischen Videoschnitt stellen das Ergebnis nach den Feierlichkeiten sofort zu Verfügung und lassen sich problemlos mit der ganzen Welt teilen ....Das kann der Hochzeitsfotograf trotz immensem Aufwand kaum toppen. Schwer zu argumentieren, da hilft nur die Drohne als Standardausstattung und das all-inklusiv-Angebot der Hochzeitsreise auf die Malediven.

 

Tesla ist Brancheninnovator bei den E-Autos, weil die Firma von der Software her eine Auto denkt und nicht vom Ölfilter her.

Ähnliches gilt für die Fotografie: die Smartphones sind Technologie- und Marktführer , weil sie massiv KI einsetzen, die den DSLMs in weiten Bereichen fehlt. Bestes Beispiel: meine eigene Retro Kamera von Fuji: wer nicht in die Automatik gehen will, dreht ( wirklich manuell) an mindestens einer Handvoll Knöpfen, das beherrscht nur der Liebhaber oder der Profi.

 

Alle noch bestehenden Kamerafirma, alle, die noch einen großen Namen haben wie Canon, Nikon, Olympus, Fuji,Pentax, konzentrieren sich auf renditeträchtige und marktfähige Highend Kameras, für diejenigen Käufer, die einige Tausend € in den Body und jeweils ebenso viel und mehr in Objektive und Zubehör investieren möchten, wobei man nicht vergessen darf, das high Smartphones über den kaufentscheidenden Faktor Fotokamera auch für 1000 € verkauft werden.

 

Der Massenmarkt für Kameras klassischer Art ist tot. Ist es dann ein Trost, wenn die Verkäufe bei den Handys ebenfalls zurückgehen, neue chinesische Mitbewerber mit Mittelklassepreisen bisherige unangefochtene Platzhirsche wie das iphone bedrängen? 2

 

Wenn man die Absatzzahlen von Smartphones und Fotokameras vergleicht, wird schnell klar, wo die Entwicklungsinvestionen hingehen. Smartphones setzen massiv auf KI, um die physikalischen Nachteile auszugleichen. Der Nachteil wird zum Vorteil. KI macht auch den Erfolg von tiktok aus3

 

 

Der Konsument entscheidet und entscheidet sich für schnellen Spaß. Warum sich Bücher kaufen, um eine Canon oder Nikon bedienen können, wenn Smartphone Fotos nicht nur unkomplizierter sind, sondern offenbar auch besser ( Vergleich man zum Beispiel ein flaues RAW Foto mit einem KI optimierten Handy Foto) Man sehe sich hierzu den frappierenden Vergleich des populären Workshopfotografen Pavel Kaplun an 4

 

Was KI technisch bedeutet,sollte klar geworden sein. Was KI für die Inhalte , den content, bedeutet,steht noch auf einem anderen Blatt: Fotografieren nur, wenn jemand lacht ?, Augenerkennung ? Das ist heute schon Standard, die früher so belächelte „Motivklingel“ ist machbar, die „Filterblase“ auch hier, sichtbar schon lange bei Motivwahl und Look in den sozialen Medien: nur was „attraktiv“ ist, wird gepostet inkl. Standardfilter und Modefarben. Automatisierung auch hier.

 


1  Quelle: https://www.profifoto.de/Szene/Business/2020/07/17/kamerabranche-vor-strukturwandel/?mc_cid=d1e00d2f38&mc_eid=9aa82b8da8

2  Xiaomi, one plus u.a.

3  https://youtu.be/lg_uL-f0b2o 

4  https://youtu.be/1jWCt1F_SW0

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